
Psychotraumatische Störungen „entstehen immer als direkte Folge der akuten schweren Belastung … Das belastende Ereignis oder die andauernde, unangenehme Situation sind der primäre und ausschlaggebende Kausalfaktor, und die Störung wäre ohne seine Einwirkung nicht entstanden”
Die Symptome von PTBS wurden und werden immer noch mißverstanden oder gar nicht diagnostiziert. Es gibt Schätzungen, daß bis zu 10% der Bevölkerung (diese Zahl ist aus den USA) einmal im Leben unter PTBS leiden. Bei manchen verschwinden die Symptome von selber im Verlauf der Zeit, bei anderen bleiben sie über viele Jahre erhalten. Spätestens dann ist eine fachmännische Hilfe durch einen Psychologischen Psychotherapeuten oder einen Psychiater erforderlich.
Zentrales Gefühl ist die Hilflosigkeit (nicht gemeint sind: Streß, Angst, Trauer)
Selbstvertrauen und Vertrauen werden erschüttert
Schuld: Gefühl, für das Ereignis oder seinen Ausgang verantwortlich zu sein
Ärger: Gefühl der Ungerechtigkeit oder Verletzung persönlicher Regeln durch Andere
Scham: Gefühl, eigene bedeutsame Regeln verletzt zu haben
Trauer: Gefühl etwas Bedeutsames verloren zu haben
Flashbacks: Man handelt oder fühlt so, als ob sich das traumatisierende Ereignis gerade (wieder) ereignen würde (dazu gehört z. B. das Gefühl, das Ereignis wiederzuerleben – ‘ein Film läuft immer in mir ab’ – , Illusionen, Halluzinationen
Vermeidung:
von Orten, Tätigkeiten, Stichworten, die etwas mit dem Ereignis zu tun haben:
Vermeidung von Orten, Tätigkeiten, Stichworten, die etwas mit dem Ereignis zu tun haben: Vermeidung von Gedanken, Gefühlen, oder Gesprächen, die das Trauma zum Thema haben Vermeidung von Tätigkeiten, Orten oder Menschen, die an das Trauma erinnern Die Unfähigkeit, sich an wichtige Details der Situation zu erinnern. Die Unfähigkeit, Trauer, Verlust oder Ärger während des traumatisierenden Ereignisses bewirkt, daß das Trauma auch weiterhin nachwirkt, ohne daß das dem Opfer bewußt wäre. Depression und sogar Schuldgefühle (weil man z.B. als einziger einen Unfall überlebt hat) sind oft die Folgen. Aus einer Studie bei Feuerwehrleuten: “Was den Feuerwehrleuten am meisten zu schaffen macht ist, daß sie sich mit den Betroffenen identifizieren, sich hilflos oder schuldig fühlen (schuldig, nicht mehr getan zu haben), ….” [Dissertation von Dipl.-Psych. S. Rösch, 1998]
Numbing (emotionale Taubheit)
Enge emotionale Bindungen mit Familie, Freunden und Kollegen werden vermieden. Die Gefühle sind allgemein vermindert, eingeschränkt, allenfalls werden routinemäßige und ‘mechanische’ Aktivitäten zu Ende geführt.
Hyperarousal
Symptome der Übererregung: z.B. Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, erhöhte Reizbarkeit, mangelnde Affekttoleranz
Schwierigkeiten einzuschlafen
Irritierbarkeit oder Ausbrüche von Ärger
Konzentrationsschwierigkeiten
Hypervigilanz (erhöhte Aufmerksamkeit)
Erhöhte Schreckreaktion (startle response)
Man lebt so, als ob man immer noch aktuell durch das traumatisierende Ereignis bedroht würde. Man wird dadurch irritierbar oder ‘explosiv’, auch wenn man gar nicht provoziert wurde. Viele Opfer versuchen sich selber zu ‘behandeln’ , indem sie ihre Einsamkeit und ihre Panikattacken mit Alkohol oder anderen Drogen bekämpfen.
Kriterium A, Stressor-Kriterium
die Symptomatik muß einem traumatischen Ereignis folgen
Kriterium B, Flashbacks, Alpträume
ein Wiedererleben des Traumas
Kriterium C
ein Vermeiden traumarelevanter Reize
z.B. sich an Teile des Ereignisses nicht erinnern können, bestimmte Orte oder Situationen meiden
Kriterium D
Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme
und den Symptomen eines erhöhten Erregungsniveaus
Kriterium E, Dauer der Störung
wenn die Symptomatik länger als einen Monat andauert
Kriterium F, Beeinträchtigung der Lebensqualität
ein Trauma muß eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität beim Betroffenen hervorrufen
Akute PTBS = die Symptome treten bis zu drei Monate lang auf
Chronische PTBS = die Symptome treten länger als drei Monate auf
Behandlung
Verhaltenstherapie: Schmerzhafte und intrusive Verhaltens- und Denkmuster verändern. Dazu setzt ich Entspannungstechniken ein.
Psychodynamische Psychotherapie: Vermittlung von Bewältigungsstrategien, Entspannungstechniken und der Aktivierung von Ressourcen – die persönlichen Werte eines Menschen zu ergründen und festzustellen, wie Verhalten und Erleben während des traumatisierenden Erlebnisses diese beeinträchtigt hat.
Eine typische psychotherapeutische Behandlung gliedert sich in 3 Phasen:
1. Stabilisierungsphase
In dieser Phase ist es wichtig, eine gute, Sicherheit vermittelnde therapeutische Beziehung aufzubauen. Den PatientInnen wird dabei geholfen, ihre innere, zwischenmenschliche und äußere Sicherheit wiederzuerlangen. Sie lernen, mehr Kontrolle über die Symptomatik und das eigene Verhalten zu entwickeln. Besonders wichtig ist es oft, den PatientInnen viele Sach-Informationen über die Ursache ihrer Störung, der folgenden Symptomatik und insbesondere auch über die Tatsache der Normalität ihrer Reaktion zu geben. Eigenverantwortung und eigene Fähigkeiten der PatientInnen werden konsequent gefördert. Mit Hilfe von Imaginationsübungen erlernen die PatientInnen, mit der überflutenden Symptomatik von Flashbacks, Alpträumen und deren körperlichen Begleitreaktionen umzugehen.
Die Erfahrung, durch die Imaginationsübungen und Anderes selbst zur eigenen Heilung beizutragen und damit mehr Eigenverantwortung und Eigensteuerung zu übernehmen, stärkt das Bewußtsein für die eigene Kraft und eigene Kompetenz. Mit diesen Methoden machen die PatientInnen insbesondere Erfahrungen, die sie aus der Therapiestunde mit nach Hause nehmen und dort weiter für sich nutzen können.
In Einzelgesprächen und ergänzenden Homöopathischen Anamnesen werden neben Diagnostik und Therapieplanung die gemachten Erfahrungen vertieft und besprochen. Falls eine Symptomatik mit selbstschädigendem Verhalten besteht (z.B. Selbstverletzung, Suchtmittelkonsum) wird in einer Vertragsarbeit alternatives Verhalten erarbeitet. Ggf. wird die Behandlung mit Medikamenten unterstützt, so z. B. bei starken Depressionen, Schlafstörungen oder Unruhezuständen.
Für einige PatientInnen sind Angebote in Körperwahrnehmung, Spannungsreduktion und Selbstfürsorge sehr hilfreich. Das Erlernen z.B. der Progressiven Muskelentspannung und des autogenen Trainings, das Erarbeiten eines ‘inneren sicheren Ortes’ unterstützen ebenfalls die Selbstberuhigungsfähigkeiten der PatientInnen.
Manchmal müssen in dieser Therapiephase schwierige Lebensumstände geklärt werden. Dazu bieten sich ggf. Familien- oder Paargespräche an.
Die Dauer dieser Phase ist je nach Zeitpunkt und Art der Traumatisierung sehr unterschiedlich. Manche PatientInnen fühlen sich nach dem erfolgreichen Durchlaufen dieser Phase stabilisiert genug, um in ihren Alltag zurückzukehren. Manche kommen später zu einer gezielten Traumabearbeitung zurück in die Therapie oder es schließt sich direkt die zweite Phase der Traumatherapie an.
2. Traumabearbeitungsphase
Die Methoden der Stabilisierungsphase werden während der ganzen Therapie fortgesetzt. Die Phase der Traumabearbeitung und die Phase der Stabilisierung können sich im Verlauf der Behandlung immer wieder abwechseln.
Die Traumabearbeitung erfolgt durch ein strukturiertes, dosiertes und kontrolliertes Wiedererleben zentraler Aspekte des Traumas. Dadurch wird der Verarbeitungsprozeß der traumatischen Erlebnisse weiter fortgesetzt, die Speicherung der Traumata im Gehirn verändert sich, durch Wiedererleben kommt es zur Integration dieser Erfahrungen in die Gesamtpersönlichkeit.
In diesem Prozess setze ich das holotrope Atmen ein, auch Rebirthing genannt, und arbeite mit der Traumaauflösungstechnik nach Peter Levine.
Anders ausgedrückt, kann man auch sagen, es findet eine Entgiftung mit nachfolgender veränderter gedanklicher und emotionaler Bewertung statt.
Dies führt zu einer Selbstwertstärkung, so daß im Laufe des therapeutischen Prozesses die Vorstellung, ein passives Opfer zu sein zu der eine aktiv handelnde Überlebende zu sein wechselt. Es entwickelt sich wieder mehr Selbstvertrauen in die eigene Person und die eigenen Fähigkeiten.
3. Integrationsphase
In der 3. Therapiephase, die eher einer ‘normalen’ Psychotherapie ähnelt, geht es um die weitere Verarbeitung im Sinne von Integration des Geschehenen. Häufig muß Trauerarbeit geleistet werden, das Selbsterleben und Lebensgefühl hat sich verändert, so daß neue Bewältigungsstrategien entwickelt werden müssen. Wichtig ist, daß die PatientInnen sich wieder stark und im Besitz ihrer Kräfte fühlen, so daß sie angemessene Entscheidungen für ihr weiteres Leben fällen können.
Informationen für die Angehörigen von Kindern und Jugendlichen
Je jünger Kinder sind, je mehr sind sie grundsätzlich auf die hilfreiche Unterstützung von wohlwollenden Erwachsenen angewiesen. Sie brauchen das Gefühl, sich auf die Mutter, den Vater, die Großeltern, Freunde etc. verlassen zu können. Die Flutwelle und die Folgen, die Kinder in Fernost erlebt haben, haben leider manchmal auch dazu geführt, dass eine der wichtigen Vertrauenspersonen verstorben ist oder vermisst wird, schlimmstenfalls haben Kinder und Jugendliche beide Eltern verloren. Damit werden die Gefühle, die durch die unbeschreiblich große Belastung entstanden sind, zusätzlich durch den Verlust der Menschen verstärkt, die ihnen Sicherheit geben könnten. Auf diese Gefühle reagieren Kinder je nach Alter unterschiedlich. Wie bei den Erwachsenen ist das veränderte Verhalten eine normale Reaktion auf eine schwer zu bewältigende Erfahrung. Bei älteren Kindern und Jugendlichen gleichen sich die Verhaltensweisen denen der Erwachsenen immer mehr an.
Folgende veränderte Erlebnis- und Verhaltensweisen (Beschwerden) können bei Kindern und Jugendlichen auftreten:
Das Kind spielt immer wieder die gleiche Situation ohne das sich etwas verändert (z.B. könnte dies so aussehen: Häuser umstoßen und Autos umgekippt durch die Haustrümmer schieben und dabei Schreien oder sonstige Laute von sich geben)
Kind reagiert ohne erkennbaren äußeren Anlass, zerstört z.B. Gegenstände, beginnt plötzlich heftig zu weinen oder zu schreien, klammert sich plötzlich ganz fest oder versucht wegzulaufen
Das Kind / der Jugendliche schreit nachts im Schlaf, manchmal ohne davon zu erwachen
Das Kind / der Jugendliche schaut mit durchdringendem Blick ins Leere, reagiert nicht auf Ansprechen
Das Erlebte läuft wie ein Film immer wieder „vor dem inneren Auge“ ab
Teile des Erlebten tauchen immer wieder als Bilder „vor dem inneren Auge“ auf
Kinder wollen nicht mehr richtig spielen, auch nicht das Lieblingsspiel
Kinder / Jugendliche zeigen ein verändertes Essverhalten (gar nichts mehr oder ganz viel)
Kinder / Jugendliche werden still und ziehen sich zurück von ihren Spielkameraden und den Eltern
Kinder / Jugendliche wirken wie betäubt, scheinbar teilnahmslos und gleichgültig ihrer Umwelt gegenüber
Kinder / Jugendliche zeigen bisher unbekannte heftige aggressive Reaktionen
Kinder / Jugendliche vermeiden alles, was an das schlimme Erlebnis erinnern könnte (auch darüber zu reden)
Kinder nässen/koten wieder ein, obwohl sie schon länger sauber waren
Kinder sprechen wieder, wie sie als jüngere Kinder gesprochen haben
Kinder / Jugendliche klammern, wollen sich aus der sicheren häuslichen Atmosphäre nicht entfernen und in den Kindergarten oder die Schule gehen, haben Angst, sich zu trennen
Kinder / Jugendliche haben häufiger Bauch- oder Kopfschmerzen
Kinder können abends nicht einschlafen oder wachen nachts immer wieder auf
Kinder / Jugendliche zeigen wieder /erstmals Dunkelangst
Kinder / Jugendliche zeigen eine motorische Unruhe oder sind wie erstarrt
Kinder / Jugendliche können sich schlecht konzentrieren, zeigen auf Dauer schlechtere schulische Leistungen
Kinder erinnern sich zwar an Details des Geschehens, können sich aber Alltagsdinge nicht mehr merken
Kinder / Jugendliche erschrecken sich bei Geräuschen oder Situationen, die sie früher nicht erschreckt haben
Jugendliche beginnen, Alkohol zu trinken oder andere Drogen zu nehmen
Je nach Ausmaß der Betroffenheit können Anzahl und Ausprägung der Beschwerden unterschiedlich sein. Auch Kinder und Jugendliche verfügen über Selbstheilungskräfte, können sich allmählich erholen. Um diese Selbstheilungs- und Verarbeitungsprozesse zu fördern, sollte Folgendes beachtet werden:
Kinder sind Teil der Familie. Ist ein Kind / Jugendlicher betroffen, ist immer die gesamte Familie mit betroffen!
Nehmen Sie sich als Familie eine Auszeit, unterstützen sie Kinder / Jugendlichen, indem Sie sich mit Dingen beschäftigen, die Ihnen vor dem Ereignis gut getan haben
Sorgen Sie als Eltern auch gut für sich, suchen Sie fachkundige Unterstützung für ihre Familie, wenn Sie spüren, dass die Last zu groß wird.
Überfordern Sie sich nicht mit dem Anspruch, keinen Fehler machen zu dürfen und alles verstehen zu müssen.
Erlauben Sie Ihren Kindern Ihre Betroffenheit und Ihre Gefühle zu sehen
Versuchen Sie den Tagesablauf so zu gestalten, wie er dem Kind vertraut ist, d.h. nach Möglichkeit feste Essens- und Schlafenszeiten
Informieren Sie den Kindergarten / die Schule darüber, das Ihr Kind diese extrem belastende Erfahrung gemacht hat
Fragen Sie Ihr Kind / Jugendlichen nicht aus nach dem Erlebnis, sondern bieten Sie sich vielmehr als Zuhörer an, wenn das Kind / der Jugendliche von sich aus das Thema anspricht
Unterstützen Sie Ihre Kinder, wenn andere Menschen das veränderte Verhalten ihres Kindes nicht respektieren.
Sollte sich das Verhalten zuspitzen, bzw. auch nach 4 Wochen unverändert bestehen bleiben oder verstärkt auftreten, scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe bei einem erfahrenen Berater oder Therapeuten aufzusuchen.